Die neue Generation Flexfolien – Interview mit Michael Hildebrandt (POLI-TAPE)

Hier erfährst du wichtige Tipps, Tricks sowie spannende Infos zur richtigen Verarbeitung von Flexfolien. Zusammengefasst von Martina :)

So, nun kommt eine Zusammenfassung des Inhaltes des Live-Interviews vom 13.03.2020, das Miriam mit Michael Hildebrandt abgehalten hat. Es geht um die neue Generation Flexfolien, deren Beschaffenheit, Herstellung und Verarbeitung. Ich habe mich dabei an die Chronologie des Interviews gehalten, damit man gegebenenfalls Teile, die einen besonders interessieren, im Interview wiederfinden und noch einmal selbst ansehen und anhören kann.

Für die, die es interessiert, sei Michael Hildebrandt hier noch einmal kurz vorgestellt: er ist nach eigenen Worten noch kurze Zeit 46 Jahre alt, ist stolzer Familienvater von 3 Kindern, und arbeitet im 20. Jahr für POLI-TAPE, wo er in der Business-Unit Textildekoration für Deutschland, Schweiz, Niederlande und Österreich zuständig ist.

POLI-TAPE ist Marktführer in vielen Ländern Europas. Der Anspruch der Firma ist eine hohe Qualität in hoher Liefersicherheit anzubieten. Standort in Deutschland ist Remagen. 
In diesem Werk hat Miriam Michael Hildebrandt im März 2018 besuchen dürfen. Wie es so in einem Folienwerk läuft können wir uns in einem Video ansehen. Das hat zwar nichts direkt mit den Flexfolien zu tun, um die es heute geht, es lohnt sich aber trotzdem, einmal rein zu schauen (Es ist ein bisschen wie die Sendung mit der Maus für Plotterfreunde – ich fand’s super interessant!)

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Als erstes wurde in dem Interview die Frage aufgeworfen:

„Was sind Flexfolien denn überhaupt?“.
Wir kennen sie eigentlich alle, kaum einer, der hier mitliest, hat noch nie damit gearbeitet. Aber was wissen wir wirklich über die Folie? Michael Hildebrandt füllte einige Wissenslücken:

Zunächst einmal ist Textil, aber auch alles andere, was Temperatur aushält, mit Flexfolien oder, wie sie auch heißen, Textilbeschriftungsfolien beschriftbar. Ein wichtiger Teil der Folie wird vom Anwender eigentlich nie beachtet, da er quasi die „Rückseite“ der Folie darstellt: der Heißschmelzkleber. Dieser wird durch thermische Aktivierung (also in der Hitze unter der Presse oder dem Bügeleisen) flüssig, dringt in die Struktur des Untergrundes, erkaltet bzw. kristallisiert dort beim Abkühlen aus, und verbindet so die Folie untrennbar mit dem Untergrund. Dieser Vorgang erfolgt sehr schnell, der Prozess des Auskristallisierens ist aber erst nach Stunden oder Tagen wirklich abgeschlossen. Daher lautet ein wichtiger Tipp von Michael Hildebrandt: niemals am ersten Tag waschen, sondern dem Kleber die nötige Zeit lassen, um vollständig auszuhärten bzw. auszukristallisieren! Dann hält auch alles bombenfest und lange. Flexfolien sind hoch strapazierbar und sehr langlebig.

Bei dem riesigen Angebot, was man an Folien kaufen kann, stellt sich natürlich auch die Frage: 

Was für unterschiedliche Folien gibt es am Markt, und worin unterscheiden sich diese? Was ist das Besondere an den „neuen“ Folien?

Hauptunterschied der Folien ist auf den ersten Blick das Aussehen: es gibt die Folien glänzend, im europäischen Markt aber hauptsächlich matt. Neu ist das Heißschmelzklebesystem. Dieses zeichnet sich durch schnellere Aktivierbarkeit aus, das heißt die Kleber werden schneller flüssig und verbinden sich schneller mit dem Material. Wir haben also eine Verschiebung von Parametern Richtung niedrigere Temperatur und kürzere Presszeit. Dies bringt einen zeitlichen Vorteil, aber auch die möglichen Untergründe ändern sich. Die neuen Folien zeichnen sich somit durch leichtere, schnellere Anbringbarkeit und größeren Einsatzbereich aus.

Die optische Seite der neuen Folien ist grundlegend eigentlich nicht verändert, sondern nur der Kleber. Moderne Textilien werden immer temperaturempfindlicher, darauf musste man reagieren, indem der Kleber auch schon bei geringerer Temperatur funktioniert.

Manche Textilien haben einen hohen Farbüberschuss im Gewebe. Diese „Farbverseuchung“ kann bei den Folien der Vorgänger-Generation Probleme machen, indem die Farbe beim Pressen durch die Hitze in die Folie wandert und dort zu Farbabweichungen führt. Besonders auffällig ist dies bei weißen Folien.

Zur Vermeidung von „Farbwanderungen“ wurde zuvor Blockout Folie entwickelt. Die Blockoutfolie enthält eine zusätzliche Schicht, die quasi als Farb-Sperre dient. Dadurch sind diese Folien aber dicker und somit auch steifer. Die Trennschicht wirkt natürlich sehr gut gegen Farbwanderung aber die Flexibilität leidet, was der Anwender natürlich nicht so großartig findet.

Bei den neuen Folien ist eine gewisse Verhinderung von Farbwanderung durch die niedrigere benötigte Temperatur und die kürzere Presszeit gegeben, ohne dass eine weitere Schicht die Folie dicker und steifer macht. Bei extrem farbverseuchten Textilien kommt Turboflex (so der Name der neuen Folien) aber auch an seine Grenze. Daher hat die altbewährte Blockout-Folie auch weiterhin ihre Berechtigung, und der Anwender muss sich herantasten, welche Folie für das jeweilige Textil geeignet ist.

Turboflex (wie auch die neuen Folien anderer Hersteller wie Hi-5, Low Five, Gimme5…) braucht weniger Temperatur und weniger Zeit, und bedingt dadurch weniger Stress für’s Textil, weniger Farbwanderung aus dem Textil in die Folie, weniger Plattenabdrücke auf dem Textil.

Welche neuen Untergründe kann man verwenden?

Das Spektrum der verwendbaren Materialien ist durch die geringere Temperatur und Zeit, die zum Pressen benötigt wird, natürlich erweitert. Sie können deutlich breiter eingesetzt werden. Normal gewohnte Textilien kann man selbstverständlich weiterhin verwenden, genau wie es keinen Grund gibt, die Folie zu wechseln, wenn man mit den bisherigen Folien gut zufrieden ist. Aber die neuen Folien haben natürlich viele Vorteile und decken einen breiteren Bereich ab. Weniger Zeit/Temperatur verhindern wie schon erwähnt eine Farbwanderung. Also haben die neuen Folien eine gewisse Blockout-Wirkung ohne Blockout-Schicht. Neu ist, dass nun auch Textilien mit hoher Temperaturempfindlichkeit verarbeitet werden können. Auch imprägnierte/hydrophobierte Materialien (Regenschirme, Regenjacken) oder Nylon, können jetzt mit den neuen Folien bedruckt werden. Wir haben also einen größeren Umfang an verwendbaren Materialien, man kann mit einem einzelnen Produkt viel mehr „erschlagen“, aber die Folie eignet sich natürlich trotzdem nicht komplett für alles. „Extreme“ Materialien benötigen immer noch Spezialfolien (z.B. extrem imprägnierte Untergründe, extreme Farbverseuchung). Für extrem temperaturempfindliche Materialien sind andererseits nur die neuen Folien geeignetLL

Die neuen Folien sind jetzt seit ca. 4 Jahren am Markt etabliert, und es gibt nicht mehr Probleme oder Herausforderungen als bei den Standardprodukten. Wer sich auf die Neuerung einlässt kann ggf. die Anschaffung von unterschiedlichen Folien vermeiden, indem er mit den neuen Folien ein breiteres Spektrum abdecken kann.

Der Verkaufs-Preis der neuen Folien ist im Vergleich zu den alten etwas höher, da sie auch in der Herstellung teurer sind, und Forschung und Entwicklung natürlich auch eingerechnet werden müssen. Der Preisunterschied ist allerdings nicht groß.

Was gibt es zu Verarbeitung bzw. Verarbeitbarkeit zu sagen?

Ein Vorteil bei der Verarbeitbarkeit ist, dass der neue Heißschmelzkleber glänzender ist als der alte. Dadurch sind Schneidelinien manchmal besser zu erkennen. Letztlich ist es aber Ansichtssache, womit jeder besser klarkommt.

Wie steht es um die Haltbarkeit? Was ist die richtige Lagerung, woran erkenne ich, ob eine Folie zu alt ist?

Bei Haltbarkeit muss man zwei Gebiete unterscheiden. Die Folie vor und nach der Verarbeitung.

Einmal korrekt aufgebracht ist Flexfolie fast unverwüstlich. Wenn gut gearbeitet wird, und der Untergrund geeignet ist, überlebt sie oft das Textil.

Was die Lagerfähigkeit der unverarbeiteten Folie angeht: Flex und Flockfolien sind sehr, sehr lang lagerfähig, auch wenn von Herstellerseite immer nur 1 Jahr nach Auslieferung garantiert wird. Man sollte sie natürlich nicht in die direkte Sonne legen. Aber ansonsten sind sie recht anspruchslos. Wenn es Probleme gibt betreffen diese eher den/die Kleber (Heißkleber bzw. Kleber der Trägerfolie) als die obere PU (Polyurethan)-Seite der Folie.

Man kann vor der Verarbeitung einige Tests zur Funktionsfähigkeit durchführen:
Ist die Verarbeitbarkeit noch wie gewohnt? Lässt sich Schneiden und Entgittern, klebt etwas zu sehr, oder fällt die Folie schon vom Träger? 
Ist der Heißkleber noch wie gewohnt aktivierbar? Man kann dafür einen schmalen Streifen schneiden, und beim Verpressen an einer Seite Silikonpapier unterlegen, damit die Folie sich dort nicht mit dem Textil verbindet. Dann nach dem Pressen (und mindestens 15-20 Minuten warten) an dieser „Lasche“ versuchen, den Streifen abzuziehen. Wenn der Streifen eher zerreißt, ist die Folie in Ordnung. Wenn sich die Folie vom Textil ablösen lässt, ist die Folie bzw. der Kleber überaltert, und man sollte die Folie nicht mehr einsetzen.

Das Thema Vorwaschen ist eine oft gestellte Frage. 

Soll, muss oder darf man vorwaschen? Wie steht es um die Verwendung von Weichspüler?

Auch hier gibt es schon einen kleinen Film von Miriam mit Michael Hildebrandt:

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Vorwaschen ist allgemein nicht erforderlich. Natürlich kann man dies aber tun, wenn man möchte.

Selbst, wenn man durch den „Wassertropfentest“ feststellt, dass etwas Imprägnierendes im Stoff ist wäre ein Vorpressen sinnvoller, um Wachse oder Paraffine zu verdampfen, als ein Vorwaschen. (Anmerkung: beim Wassertropfentest lässt man einen kleinen Tropfen Wasser auf das Textil tropfen. Zieht dieser nicht sofort ein, sondern bleibt erst an der Oberfläche „stehen“, ist das Textil vermutlich mit Wachsen oder Paraffinen imprägniert, die ein Eindringen des Klebers erschweren würden.) 

Weichspüler VOR dem ersten Veredeln ist allerdings das Schlimmste, was man machen kann. Das wäre quasi „Imprägnierung extra gold“, danach kriegt man gar nichts mehr zum Halten. Umkehrschluss: Wenn das Produkt gut veredelt ist, ist Weichspüler eigentlich als unschuldig an Problemen mit der Haltbarkeit anzusehen. Wenn der Kleber erstmal richtig ausgehärtet ist, führt Weichspüler nicht mehr dazu, dass sich eine Folie komplett vom Textil löst. Es kann im Schlimmsten Fall höchstens zu leichten Ablösungen im Randbereich kommen.
Waschen eines korrekt veredelten Textils, nachdem der Kleber komplett ausgehärtet ist, mit Weichspüler und Trocknen des Textils im Trockner gehören zur täglichen Qualitätskontrolle bei der Herstellung, und machen dort in der Regel keine Probleme.

Anmerkung: Der folgende Tipp wurde aufgrund einer Frage, die während des Interviews gestellt wurde, zwar erst später im Video genannt, aber wird trotzdem hier eingefügt, da er thematisch hierhergehört:
Beim Vorpressen sollte man kein Backpapier oder Silikonpapier auflegen, damit die Wachse und Paraffine besser abdampfen können.
Beim Pressen selbst können Backpapier oder Silikonpapier dann hilfreich sein, auch wenn sie nicht zwingend notwendig sind, da ja durch die Polyesterfolie schon ein Schutz der Folie da ist. Sie helfen den sogenannten „Glasplatteneffekt“ zu vermeiden. (Da die Heizfläche der Presse und die Polyesterfolie sehr glatt sind, kann die Polyesterfolie womöglich an dieser haften bleiben und dann beim Öffnen der Presse hochgerissen werden und den Transfer beschädigen.)
Wichtig: Wenn dickere Matten oder Papiere zum Ausgleich von Unebenheiten verwendet werden muss man dafür Sorge tragen, dass auf jeden Fall noch genug Temperatur beim Heißkleber ankommt.

Welche Übertragungsfolie ist für Polyflex Turbo ideal?

Jede einfarbige Polyflex Turbo hat bereits Trägermedium, braucht also keine Übertragungsfolie.

Bei (weißen) Printfolien muss die Seite, die hinterher auf dem Textil sichtbar sein soll, offen liegen, damit sie bedruckt werden kann. Hier braucht man dann ein Application Tape, um die bedruckte Folie vom Träger abzuheben, damit dann der Heißschmelzkleber frei liegt.

Gibt es Polyflex Turbo zum Bedrucken, und welche Übertragungsfolie ist dafür geeignet?

POLI-TAPE hat im Bereich der schnell verpressbaren Folien die Turbo Print 1436 für diesen Einsatzzweck. Diese braucht POLI-TAPE 854 zur Übertragung.

Einige Anwender beobachten eine Art „Einsickern“ von Heißschmelzkleber ins Textil, und dadurch ein Ablösen der Folie. Was könnte hier der Grund sein?

Bei zu langer Pressdauer und/oder zu hoher Temperatur kann den Kleber sehr weit ins Textil dringen. Wenn Folie gut hergestellt ist, also Folie und Kleber gut zusammenhalten, sollten es aber auch dabei zu keiner Ablösung vorkommen. Wenn Folie und Kleber lediglich zusammen „kaschiert“ sind (preiswertere Herstellungsmethode), kann sich auch mal etwas lösen. Die innere Haftung der einzelnen Schichten der Folien kann dann ggf. nicht ausreichend sein. Wenn die Schichten ineinander gegossen sind (wie z.B. bei der Turboflex), ist eine hohe Haltbarkeit gegeben, die auch leichte Anwendungsfehler verzeiht.

Es gibt für Folien unterschiedliche Herstellungsmethoden.
Die Folie kann gegossen werden, oder ausgewalzt. Gegossene Folien sind in der Regel besser verarbeitbar und geben ein besseres Ergebnis als gewalzte, da die gegossenen Folien spannungsfreier sind. Man kann sich das sehr gut vorstellen, wenn man an die Herstellung von Pizzateig oder Rührei in der Küche denkt. Der Pizzateig hat, wenn er ausgerollt wurde, die Eigenheit, sich wieder etwas zusammen ziehen zu wollen, während das Rührei die Form beibehält, in der es in die Pfanne gegossen wurde. Die gegossenen Folien liegen auch nach vielen Waschvorgängen flacher (ruhiger) auf dem Textil. Optisch sieht man den Folien zunächst keine Unterschiede an.

Kann man Folien für unterschiedliche Einsatzzwecke (z.B. Standard-Folie, Turboflex und Folie zum Aufbringen auf Nylon) optisch voneinander unterscheiden?

Früher war es ein bisschen einfacher. Der Heißschmelzkleber für Folie für Nylon ist etwas glänzender, der der Standardfolien eher matt. Heute wird es komplizierter, da auch der Heißschmelzkleber der Turboflex glänzend ist. Im Aussehen unterscheiden diese Kleber sich nun nur noch in Nuancen, die man ohne große Erfahrung kaum mit bloßem Auge unterscheiden kann. Es empfiehlt sich also Folien immer gut zu beschriften.

Eine Frage, die sich bestimmt auch schon jeder von uns einmal stellen musste:
Wie bekommt man falsch aufgebrachte Folie wieder vom Textil, ohne dass man den Fehler sieht.

Hier gibt es schlechte Nachrichten: Die PU-Schicht lässt sich durch Anwendung von Wärme oft wieder vom Textil lösen, der Kleber bleibt aber in der Regel im Textil. Die Entfernung des Klebers ist eigentlich nur mit harter Chemie (Dichlormethan als Flüssigkeit oder Spray) möglich. Dichlormethan gilt als möglicherweise krebserregend, daher ist von einer Anwendung im Haushalt abzuraten. Auf jeden Fall sind ein passender Atemschutz, gute Belüftung und entsprechende Sicherheitshandschuhe notwendig. Die für eine sichere Handhabung des Lösers notwendigen Rahmenbedingungen kann man im normalen Haushalt nicht herstellen.
Besser wäre es daher, sollte ein Fehler passiert sein, alles neu zu machen, statt seine Gesundheit auf’s Spiel zu setzen.
Die neuen Kleber und die Kleber von Blockout-Folien lassen sich zudem so gut wie gar nicht mehr entfernen. Es kommt zu einem Verschmieren des Klebers, ablösen lässt er sich in der Regel nicht.
Die vor einiger Zeit aufgekommenen Bio-Löser sind schnell wieder verschwunden, da sie keine guten Ergebnisse brachten. Letztlich wirkt nur harte Chemie.

(Anmerkung: Die harte Chemie sollte man aber lieber in der Flasche lassen. Schaut bitte erst auch noch in den „Nachsatz“ hinter dem Interview, bevor Ihr überlegt, ob Ihr ein Werk mit Dichlormethan retten wollt! Ich persönlich rate dringend davon ab. Warum, das erkläre ich Euch nach dem Ende des Interviews.
Durch die Erwähnung von Flex- und Flockentfernern soll auf keinen Fall der Eindruck erweckt werden, wir würden empfehlen, diese zu nutzen! Im Gegenteil. Manchmal ist der einzig mögliche Weg eben einer, den man besser nicht gehen sollte.)

Ist es gesundheitlich unbedenklich, Flexfolie auf Mullwindeln anzubringen, die man Babys dann zum Greifen und Spielen überlässt?

Die Folien haben ein Ökotex-Zertifikat Ökotex 100 Klasse 1, für Babys geeignet. Zertifiziert wird hier allerdings nur die Unbedenklichkeit bei direktem Hautkontakt. Wie es um die Speichelfestigkeit der Folien steht, steht auf einem anderen Blatt. Dies war im Interview nicht direkt zu klären, Michael Hildebrandt will sich aber da im Nachhinein schlau machen – wir werden sicherlich noch eine Antwort auf die Frage erhalten, und dann nachtragen.

Wie unterscheiden sich Flexfolien?

Es gibt Unterschiede in Dicke, Haptik, Folien sind matt oder glänzend.
Wichtig ist aber immer ein gutes Schneideergebnis, gutes Entgittern, und eine ausreichende Deckkraft. Jede Folie ist irgendwie immer ein Kompromiss unterschiedlicher Eigenschaften, und man muss das beste für den gewünschten Einsatzzweck für sich selbst heraussuchen.

Die Hobbyanwender bevorzugen normalerweise eine möglichst dünne Folie, zum einen wegen des Tragekomforts, aber auch, weil oft beim mehrfarbigen Plotten geschichtet wird, und dadurch die Dicke natürlich zunimmt und die Flexibilität abnimmt.

Turboflex ist im Verhältnis zu Premium 5 µm dünner. Beide liegen im Bereich von 95 – 100 µm (100 µm sind 0,1 mm), die Unterschiede sind somit kaum spürbar.

Im Farbspektrum gab es zunächst 24 Standardfarben, die anderen wurden nachgeschoben.

Es wird in den nächsten 2-3 Wochen einige neue Farben und Produkte geben, die nach und nach vorgestellt werden, auch wenn die FESPA-Messe dieses Jahr ausfällt.

Michael Hildebrandt wies dann noch darauf hin, dass Schneiden ein sehr wichtiger Teil des Prozesses ist. Ein perfekter Schnitt (nicht zu tief, aber tief genug) führt zu bestem Ergebnis beim Entgittern.
Man soll das Messer nie weiter herausragen lassen, als die Produktstärke ist. Bei Folie von 100 µm (0,1 mm) Dicke macht es keinen Sinn, das Messer weiter als diese 100 µm herausragen zu lassen. Bei Testschnitten sollte man moderat beginnen, und langsam erhöhen bis zum besten Ergebnis.

Sind die neuen Folien auch übereinander pressbar? Worauf sollte man achten?

Turboflex-Folien sind generell übereinander verpressbar. Gold, Silber (mineralische Folien) und Neontöne dabei aber nicht als Untergrund, sondern nur als oberste Schicht verwenden.

Bei weiß eingefärbtem Heißschmelzkleber sieht das Ergebnis auch oft nicht so gut aus, da der Kleber ja nicht im Textil versickern kann, sondern seitlich herausquillt. Das kann das Ergebnis optisch beeinträchtigen. Halten würde es natürlich trotzdem.

Einlagig plotten ist immer „sicherer“, da jede Folie mit dem Textil verbunden ist. Bei Mehrfachapplikationen kommt es oft zu unerwünschten Effekten (Schrumpfungseffekte, wenn zu oft und lange auf der gleichen Stelle gepresst wird. Durch thermoplastische Effekte können Folien „ins“ Textil gehen, wodurch sich die Größe und Form des Plotts leicht verändert und dann keine passgenaue Verpressbarkeit mehr möglich ist).

Daher sollte man bei mehreren Farben übereinander die erste Schicht kürzere Zeit pressen (gerade so lange, wie nötig ist, um die Trägerschicht zu lösen), und erst bei der letzten Schicht die volle Zeit anwenden. Die PU-Folien vertragen auch diese mehrfache Hitze in der Regel sehr gut.

Wer es geschafft hat bis hierher zu lesen, kennt nun die kompletten Informationen, die in dem Interview weitergegeben wurden (wenn mir nichts durchgegangen ist…). Wem das Interview gefallen hat, der kann Miriam gerne noch Vorschläge für weitere Interviews mit Michael Hildebrandt über interessante Folien-Themen übermitteln (Genannt wurde schon „Pressen“, „mehrfarbiges Plotten“ oder „schwarz auf schwarz“ – wäre das schon etwas?) Er hat sich nämlich gerne bereit erklärt, uns auch weiterhin mit Fakten und Antworten über Folien zu versorgen.

Michael Hildebrandt machte am Ende noch ein wenig Werbung in eigener Sache: Wer sich für Neuigkeiten, Tipps und Tricks und interessante Einblicke hinter die Kulissen bei POLI-TAPE interessiert, kann gerne auch unter Politape_official auf Instagram mitlesen und sich mit dem Hersteller austauschen. Michael Hildebrandt freut sich, wenn Ihr reinschaut!

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So, hier jetzt der bereits im Text angekündigte Nachsatz zu Dichlormethan. Dazu, dass man dieses zu Hause besser nicht verwenden sollte, muss ich (Martina) als gelernte Lebensmittelchemikerin noch ein paar Worte loswerden, um die Warnung aus dem Interview nochmals zu unterstreichen. Da mir das Thema „Gesundheitsrisiko“ sehr am Herzen liegt, werden es ein paar mehr Worte – ich hoffe Ihr seht es mir nach. Vielleicht ist es ja für den einen oder anderen auch interessant.
Dichlormethan ist ein sehr gutes Lösemittel, daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es tut, was es tun soll, hoch. Es ist aber ebenfalls eine Chemikalie, die alles andere als ungefährlich ist, was sich auch darin zeigt, dass z.B. die Verwendung von Dichlormethan in Abbeizmitteln für die Verwendung durch Privatpersonen sowie durch gewerbliche Nutzung vom Europäischen Parlament bereits 2009 untersagt wurde. Lediglich in der Industrie (die in der Lage ist, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen bereit zu stellen) ist der Einsatz noch erlaubt, da es in bestimmten Bereichen keinen adäquaten Ersatz für Dichlormethan gibt.
Darüber, wie sich die Rechtslage bei Dichlormethan haltigen Flock- und Flexentfernern verhält, konnte ich keine Informationen finden. Die Gruppe, die diese einsetzt, ist natürlich wesentlich kleiner als bei den Malern und Lackierern, gesundheitliche Schäden treten also, wenn Sie denn vorkommen, auch nicht so gehäuft auf. Vielleicht gibt es daher keine allgemeine Regelung, sondern man verlässt sich auf den Sachverstand derer, die die Mittel einsetzen. Bei der Entfernung von Flex und Flock wird auch wesentlich weniger Lösemittel eingesetzt als beim Abbeizen z.B. eines Türrahmens oder Bodens. Die direkt zu beobachtenden gesundheitsschädlichen Wirkungen sind somit vermutlich nochmals seltener, oder treten vielleicht auch gar nicht auf – aber da krebserzeugende Substanzen in der Regel bei keiner Konzentration als völlig unbedenklich angesehen werden können, erübrigt sich für mich die Überlegung, ob man Dichlormethan außerhalb beruflicher Zwänge verwenden sollte.
Im Job ist immer eine Abwägung nach dem Risiko-Akzeptanz-Konzept notwendig. Wenn der Einsatz schädlicher Substanzen nicht vermieden werden kann, muss durch Arbeitssicherheitsmaßnahmen für eine Minimierung des Risikos gesorgt werden. Diese Minimierung ist aber mit haushaltsüblichen Mitteln nicht möglich. Daher aus meiner Sicht: Finger weg von dichlormethanhaltigen Entfernern!

Für die, die alles etwas genauer wissen wollen, hier noch einige Informationen über Dichlormethan:
Dichlormethan ist laut Gefahrstoffkennzeichnung als gesundheitsschädlich eingestuft. Bei Aufnahme in den Körper (auch über die Haut) verursacht es Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Appetitlosigkeit bis hin zu narkoseähnlichen Zuständen (es ist ja auch ein naher Verwandter von Chloroform). Außerdem besteht der begründete Verdacht auf krebserzeugende und erbgutschädigende Wirkung. Wenn man riecht, dass Dichlormethan in der Luft ist (ab etwa 740 mg/m3), liegt der Stoff bereits in gesundheitsgefährdender Konzentration vor. Der Grenzwert für die Arbeit mit Dichlormethan ist in der TRGS 900 (Technische Regeln für GefahrStoffe) auf 180 mg/m3 bzw. 50 ml/m3 festgelegt, der Stoff hat außerdem den Zusatz H (hautresorptiv, d.h. er kann nicht nur beim Einatmen sondern auch bei Hautkontakt in den Körper eindringen) und Z (ein Risiko der Fruchtschädigung kann auch bei Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes und des Biologischen Grenzwertes nicht ausgeschlossen werden).
Für die Arbeit mit Dichlormethan werden Schutzkleidung (mindestens Kittel und Schutzbrille) einschließlich Handschuhen (und zwar nicht die üblichen Einmalhandschuhe oder Haushaltshandschuhe, sondern welche z.B. aus PVA oder Fluorkautschuk – also nichts, was man im Laden um die Ecke bekommt) und adäquater Atemschutz vorgeschrieben. Dieser Atemschutz kann nur durch Fremdluftmasken bereitgestellt werden, da es keinen wirksamen Atemschutz, der vor der Inhalation von Dichlormethan schützen kann, gibt.

Woher habe ich nun die ganzen schlauen Details? Neben dem, was ich aus dem Studium noch behalten habe (ist ja etwas länger her) habe ich überwiegend hier nachgelesen:

https://www.chemie.de/lexikon/Dichlormethan.html,

https://www.chemie-schule.de/KnowHow/Dichlormethan

https://www.gischem.de/download/01_0-000075-09-2-000000_6_1_2146.PDF

https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/pdf/TRGS-900.pdf?__blob=publicationFile&v=13

https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/A82.pdf?__blob=publicationFile

Quintessenz: Bevor Ihr fehlerhafte Plotts mit einer harten Chemiekeule bekämpfen wollt, denkt nochmal nach, ob es das Risiko wert ist. Entscheiden, was zu tun ist, müsst Ihr selbst. Ich kann hier nur mein Wissen mit Euch teilen.

Bleibt gesund!

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